Die in dem Deutschen Schützenverband zusammengeschlossenen Gilden blicken auf eine lange Geschichte zurück. Sie sind mit dem Schicksal ihrer Heimatorte aufs engste verbunden. Wenn auch von der Kirchhainer Gilde einwandfreie Urkunden über ihre Gründung nicht vorhanden sind, so ist doch anzunehmen, dass sie, wie die Gilden vieler anderer Städte der Niederlausitz zur Zeit der Hussitenkriege von Hans Polenz, dem damaligen Herren der Niederlausitz, etwa um 1525 ins Leben gerufen worden ist. Da bei den unsicheren Zeiten die Ortschaften in steter Kriegsbereitschaft sein mussten, so entstanden die Gilden. Die Waffen mögen zunächst Armbrust auch Hellebarden und Spieße gewesen sein. Um die Bürger in der Handhabung der Waffen zu üben, wurden alljährlich Feste abgehalten. Unter "Trommeln und Zinkenschlag" zogen die wehrhaften Bürger zum "Schießen" aus. Dem besten Schützen wurde die Königswürde und vielfache Privilegien zuerkannt. Die Kirchhainer Gilde wird nach der Vernichtung Kirchhains durch die Hussiten 1431 zur Bedeutungslosigkeit herabgesunken sein.
Gleich zu Anfang des 17. Jahrhunderts treten uns wieder die Anfänge der Schützengilde entgegen. Es exisitiert noch ein Verzeichnis aus dem Jahre 1609, wo auf Anordnung des ehrbahren Rates, bei Regierung des Bürgermeisters Caspar Mönch, zu Weihnachten 1609 hundert Musketen ausgeteilt wurden. Hier finden wir die bewaffnete Bürgerschaft zum Schutze der Stadt. Von den hundert Musketen erhielt das Gewerk der Schuhmacher vier, der Tuchmacher vier, der Bäcker drei, der Schneider drei, der Kürschner zwei, der Fleischer zwei, der Schmiede eine, der Böttcher eine, der Leineweber eine, der Tischler eine, und des Gewerk der Seiler eine. Die übrigen 77 Musketen wurden an die Bürger verteilt. Die Musketen waren sogenannte Hakenbüchsen, welche freihändig nicht in Gebrauch zu nehmen waren; man hatte dazu eine 4 Fuß hohe Gabel, welche in den Erdboden gestoßen zum Auflegen diente. Diese Art Gewehre schossen ziemlich große runde Kugeln. In dem Verzeichnis heißt es: Die Musketen wurden ausgeteilt "nebst eines Krätzers, Gäbelenns und Formers" oder Kugeleisens. Eine bewaffnete Stadt von 100 Mann war für damalige Zeiten schon eine bedeutende Truppe, mit welcher sich schon etwas ausrichten ließ. Es ist aber nicht zu ershen, wer die Gewehre angeschafft hat, ob der Lehnsherr oder der Rat.
Die Vertretung der Gewerke finden wir heir in der Bewaffnung in der Minderheit, doch hat man denselben der alten Tradition gemäß, noch Waffen zukommen lassen. Die hier erwähnte Einführung des Feuergewehrs und die mit 77 Musketen bewaffneten Bürger, die Gewerke abgerechnet, können bestimmt als Beweis für das Vorhandensein einer Schützengilde angesehen werden, umso mehr, als im Jahre 1620 von den Gewerken 40 Musketen wieder eingezogen wurden, 60 Stück aber den Bürgern zur Verteidigung verblieben. In den Wirren des 30-jährigen Krieges geriet die Gilde aber wieder in Verfall und erst im Jahre 1718 wurde dieselbe neu errichtet und mit landesherrlichen Privilegien ausgerüstet. Die Erneuerung geschah in einer Urkunde des Herzogs Moritz Wilhelm zu Sachsen. In dieser Urkunde heißt es ausdrücklich "Wie das vor alten Zeiten das Schützen-Schießen bei dasieger Stadt gebräuchlich gewesen, so aber in dem Kriegswesen und nachgehend durch andere Unglücksfälle gänzlich in Abgang geraten", so ist hiermit bestimmt erwiesen, dass das Schützenwesen in Kirhchhain viel älteren Ursprungs ist. Am 20. November 1718 erfolgte das Privilegium vom Herzog Moritz Wilhelm zu Sachsen mit seiner eigenen Unterschrift. Gegengezeichnet ist das Schriftstück von Gottlob Friedrich Freiherr von Gersdorf. Ein eigentümlicher Zufall! Vor 180 Jahren bekämpft ein Gersdorf Kirchhain auf Leben und Tod, wobei die Anfänge der Schützengilde schon eine Rolle spielten und 180 Jahre später unterzeichnet ein Nachkomme des Gersdorf das Privilegium der nämlichen Gilde.
Die Herzoge von Sachsen förderten das Schützenwesen. So verfügt Herzog Heinrich am 29. August vom Schloss Spremberg, dass der Schützengesellschaft zu Kirchhain "Acht Klafftern Holz vor ihren Vogelschützenkönig, auch soviel vor ihren Scheibenschützenkönig ohne Entgelt als aus ihren Gnaden geschenket alljährlich aus unseren Dobrilugkschen Heiden verabfolgt werden." Am 6. März 1742 wird dem jedesmaligen Schützenkönig zu seiner "Ergötzlichkeit die Biersteuer, Schutzgeld, der Garten-Acker und Wiesenzins erlassen."
Das älteste Schützenhaus stand am Wiesenwege auf dem Stadtacker. Es lag in duftigen Wiesen abseits von der Stadt. Vor dem Hause war die Schützenwiese durch hohe Pappeln eingerahmt. Die Vogelstange (Vogelschießen) fehlte nicht. Die Schützengilde verkaufte das alte Schützenhaus am 14. Juni 1826 für 255 Taler preußisch Courant. In einem sehr ausführlichen Kaufvertrag wurde genau festgelegt, wie die Schützenfeste gefeiert werden. Doch dieses Schützenhaus brannte 1847 nieder und wurde nicht wieder aufgebaut. Vielmehr wurde von dem Schützenwirt in der Dobrilugker-, heute Manteuffelstraße ein neues Schützenhaus errichtet. Die Einweihung dieses Schützenhauses fiel zusammen mit der allgemeinen Volkserhebung des Jahres 1848. So feierten Schützengilde und Bürgerwehr in der Hoffnung auf die kommende deutsche Einigkeit begeistert ihr Schützenfest. Im 19. Jahrhundert entwickelte sich die Schützengilde immer mehr. Um 1830 hatte sie schon Artellerie, Jäger und Grenadiere. Die Artillerie wurde 1823 gegründet. Sie erwarben eine kleine Kanone, die allerdings am 22. März 1870, Königs Geburtstag zersprang. Die jetzige Kanone bekam die Artillerie vom Kronprinzen Friedrich Willhelm vom Preußen zu dem Königschießen 1878 mit der Maßgabe, daß das Geschütz zu Salutschüssen beim Königschießen und bei Festlichkeiten "benutzt" werden sollte. Die Jägerkompanie wurde 1800, die Grenadierkompanie 1812 gegründet. Im Jahre 1892 wurde die Gilde durch die Gründung der neuen Kompanie vergrößert. Somit hat nun die Gilde 4 Kompanien, davon besitzt die Artillerie ihre Kanone und alle übrigen Kompanien ihre Fahnen. In der Nachkriegszeit hat die Schützengilde ihre Tradition und ihren vaterländischen Geist trotz aller Schwierigkeiten bewahrt. Die Schützenfeste unserer Heimatstadt waren in der Wahrung heimatlichen Brauchtums stets der Ausdruck bester Volksgemeinschaft.
Eine große Anzahl von Gilden des Deutschen Schützenverbandes werden nun teilnehmen an dem großen Kreisschießen anläßlich der Einweihung des neuen Schützenplatzes. Die Anlage dieses Platzes mit seiner großartigen Planung ist eine Tat. Die führenden Männer unsere Schützengilde haben damit ein Werk für Generationen geschaffen und sich den Dank und die Anerkennung ihrer Mitbürger erworben.
Im Jahre 1934 erwarb die Gilde einen Plan in einer Größe von 22,5 Morgen. Es galt zunächst, etwa 7.000 Kubikmeter Erde zu bewegen, um den Schießstand auszuschachten und ihn mit einem hohen Erdwall einzufassen. Nur ein geringer Teil der Arbeiten wurde dabei gegn Rechnung ausgeführt, alles andere entstand in Gemeinschaftsarbeit der Kameraden.
Schon im September 1935 konnte man daran gehen, den Grundstein zu dem Hauptgebäude zu legen. Im Erdgeschoß schuf man eine Anlage mit 10 Schießständen für Kleinkaliberschießen mit einer Reichweite von 50 Metern. Vom oberen Schießstand aus übersieht man die Schußfläche von 175 Meter Länge mit ebenfalls 10 Ständen. In dem Hauptgebäude sind noch Räume für die Gewehrstände, die Schießkartei und für etwaige Austellung der Schießpreise untergebracht. Im Dachgeschoß ist eine schöne Wärterwohnung vorhanden. Nach der Ostseite lehnt sich an das Hauptgebäude die Bataillonshalle in einer Größe von 240 Quadratmeter an mit eingebautem Ausschank. Daran anschließend hat die Artillerie ihre Halle. Auch für die Kanone ist ein Raum vorgesehen. Gegenüber erheben sich 3 stattliche Gebäude, die Kompaniezelte. Dazu kommt eine große überdachte Tanzdiele. Der Zeltplatz ist nahezu 10 Morgen groß. Zum Parken von Fahrzeugen aller Art ist genügend Platz vorhanden. Durch Anpflanzung von Bäumen und Ziersträuchern hat der Platz eine würdige Ausgestaltung erfahren.
Möge der neue Schützenplatz zu einer Pflegestätte rechten Sportsgeistes, deutschen Volkstums und wahrer Volksgemeinschaft werden.